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Schön scharf bitte!


Draußen herrschen 39°C und die Luft ist gesättigt mit Feuchtigkeit. Das zweite Hemd ist bereits durchgeschwitzt, Yangon im Sommer ist wahrlich jedes Mal eine Herausforderung. Das allein wäre ja noch zu verkraften, aber was mir jedes Mal aufs Neue die Sprache verschlägt sind die 17°C Klimaanlagenluft, die mich wie vor eine Mauer laufen lassen, wenn ich das Hotel betrete.

Weshalb man im schwülwarmen Südostasien die Klimaanlagen immer auf das technologische Temperaturminimum einstellen muss, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Sonnenklar ist indes die Erkältung, die ich spätestens nach 3 Tagen in Myanmars größter Stadt bekomme, vom ständigen Wechsel zwischen Terrarium und Kühlkammer. So auch in diesem Jahr und der Großteil der Reise steht mir noch bevor.

Ingwer als Universalwaffe gegen Erkältung

In Pindaya angekommen merke ich, dass sich meine Beschwerden nicht bessern. Auf dem Weg zu unserer Teefabrik im Dorf Sikay Inn passieren wir den örtlichen Markt – es ist Mittwoch, alle Händler der Gegend bieten Ihre Waren an. Höflich frage ich den Fahrer, ob er kurz anhalten kann, ich müsste noch etwas besorgen.

Kurze Zeit später steige ich triumphierend wieder in den Jeep ein, im Gepäck meine Universalwaffe gegen die Erkältung: Ingwer!

Nach angeregter Diskussion in Sikay Inn bitte ich um ein Glas mit heißem Wasser. Alle Blicke heften sich an mich, als ich anfange, mit meinem Taschenmesser den Ingwer in Scheiben zu schneiden und als Tee zuzubereiten. Ich frage erstaunt nach, ob man das nicht so täte, woraufhin ich ein mildes Lächeln und „Ginger is for cooking!“ ernte. Ich genieße die erfrischend scharfe Köstlichkeit und nach zwei Tagen geht es mir besser. Doch der Gedanke lässt mir keine Ruhe, wieso trinkt hier niemand Ingwer-Tee?

Wilder Ingwer überall

Ich frage die Teebauern, wo sie denn Ingwer herbekommen würden. Die lapidare Antwort: „Vom Feld, der wächst doch überall!“. Schnell reift eine Idee heran: könnte man nicht zwischen den Teesträuchern Ingwer anbauen?

Die Pflanzdichte ist in Myanmar lächerlich gering. Zwischen den Teesträuchern könnte man Tango tanzen, ein Resultat der jahrelang brachliegenden Tee-„Industrie“. Gerade eben war auch noch unser Partner von der Bio-Kontrollstelle vor Ort: selbstverständlich wäre Ingwer auch bio-zertifiziert, wenn er neben dem Tee gepflanzt würde. Der Boden wird zertifiziert, nicht das Endprodukt.

Ingwer ist die perfekte Ergänzung im Teeanbau

Ingwer hat einen entscheidenden Vorteil: er konkurriert nicht mit dem Tee sondern wächst antizyklisch. Der Tee wird vom Frühjahr bis in den Herbst geerntet, Ingwer hingegen im Winter, wenn die Teepflanzen ruhen. So können sich die Teebauern erst in Ruhe um den Tee kümmern und sich danach dem Ingwer widmen – eine perfekte Ergänzung.

Getrocknet wird der Ingwer mit Hilfe der Sonne! Ein einfaches Gewächshaus erhitzt sich hier in Zentral-Myanmar stark genug, dass der Ingwer nach einem Tag fertig getrocknet ist. Mit dem schönen Nebeneffekt, dass das Gewächshaus nun so sehr nach der typischen, zitronigen Schärfe duftet, dass keiner mehr Schnupfensymptome zeigt – mich eingeschlossen!

So hat eine ungeplante Krankheit zu einem erstaunlichen Nebeneffekt geführt; und zwar dass die Teebauern nun eine weitere Einnahmequelle haben und die Wertschöpfung vor Ort weiter vorangetrieben werden kann. Es entstehen zudem keine zusätzlichen Kosten für die Zertifizierung, da man die vorhandenen Flächen für Tee nutzen kann. Win – Win – Win könnte man sagen.

Und wer profitiert noch? Sie, liebe Kunden, denn so leckeren Ingwer-Tee findet man tatsächlich nur sehr, sehr selten auf dem Markt. Und wer weiß, vielleicht kommen die Burmesen ja auch noch auf den Geschmack und in Zukunft wird hier und da neben Grünem Tee auch Ingwer-Tee auf der Getränkekarte stehen. Mich würde es jedenfalls freuen, kann ich doch dann der Klimaanlagen-Erkältung adäquat entgegentreten. Hoch die Tassen!

#truestory

Autor: Daniel Mack, Leitung Tee-Einkauf
Seit fast 20 Jahren arbeitet er im deutschen Teehandel und ist bei TeeGschwendner verantwortlich für den Einkauf der Tee-Rohwaren aus aller Welt. Als Tea Taster liegen seine Schwerpunkte im Bereich Südostasien, Indien und den „Exoten“ wie Neuseeland und Georgien.